Cannabis Social Clubs in Spanien und The High Class
Mr. Haze Amaze auf Besuch in Barcelona
Vor ein paar Wochen erst war Europas größte Hanfmesse & Cannabis-Event, die Spannabis in Barcelona, Spanien. Mr. Haze Amaze, der bekannte Cannabis-Journalist, war natürlich für uns vor Ort und hat ausser der Messe auch diverse Cannabis Social Clubs wir „The High Class“ und andere besucht.
Für die meisten deutschen Stoner ist Amsterdam nach wie vor DAS Reiseziel, wenn sie ihren Gelüsten nachgehen wollen. Wenige Stunden Fahrt, unzählige Coffeeshops, Unmengen verschiedener Sorten an Hasch und Blüten. Man muss sich einfach nur einen der Shops aussuchen, in das meist etwas düstere Lokal eintreten und sich dann einen Platz suchen.
Oft setzt man sich dann zu fremden Menschen dazu, die einen kurz beäugen und sich schnell wieder ihren Joints widmen. Ach ja, und natürlich muss man zuvor Gras, ein Getränk oder in manchen Fällen auch beides kaufen, sonst kann es schnell vorkommen, dass man “gebeten wird” Geld auszugeben oder zu gehen.
Wenn man dann an der Theke eine Beratung benötigt, welchen Cannabis-Strain man denn am besten nehmen sollte, rollen viele Budtender schon mit den Augen oder empfehlen eine der teureren Sorten. Am Ende sitzt man dann oft am Tisch mit irgendeiner Standard-Sorte unbekannter Herkunft, umgeben von wildfremden Touristen oder finster dreinschauenden Typen und dreht sein Tütchen für sich allein.
Wenn man ganz ehrlich ist, haben die meisten Coffeeshops einen eher unangenehmen Vibe. Sie wirken mittlerweile mehr wie gewöhnliche Bars: Jeder darf reinkommen und sich die Kante geben, wer nichts bestellt, ist unerwünscht.
Vielleicht sehen manche Leser es jetzt noch anders als ich. Viele eingefleischte Holland-Fans können sich nichts besser als einen Coffeeshop vorstellen. Doch ich bin mir sicher, dass sich diese Meinung nach dem Lesen des folgenden Berichtes schnell ändern wird.
In diesem Artikel möchte ich euch ein anderes Modell der Cannabisregulierungen vorstellen. Gemeint sind die sogenannten Cannabis Social Clubs (CSC), welche sich in ganz Spanien und seinen Inseln verteilt haben. Allein in der Hauptstadt Barcelona gibt es aktuell mehr als 300 solcher Clubs, die sich überall in der großen Metropole befinden.
Sie sind definitiv nichts Neues, es gibt solche Social Clubs schon seit 2005. Aber was genau passiert denn nun in einem Cannabis Social Club? Um das herauszufinden, habe ich mich nach Barcelona begeben, um einen dieser Clubs “The High Class” aufzusuchen.
Auf der Suche nach dem Cannabis Social Club
Das Aufsuchen ist allerdings schon die erste Hürde: Einen Cannabis Social Club kann man von außen kaum erkennen. Hier flackern keine großen Leuchtreklamen mit Hanfblatt an den Hauswänden. Man muss bereits die Adresse genau kennen und dort angekommen findet man oft nicht mehr vor, als eine Milchglas-Schiebetür und eine Türklingel daneben.
Es gibt kein Namensschild über dem Eingang und nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass sich hinter dieser Tür ein Club befinden könnte. Eine kleine Überwachungskamera ist ebenfalls nahe der Tür positioniert. Im ersten Moment fühlte ich mich ein wenig unwohl und war mir nicht sicher, ob ich hier wirklich an der richtigen Adresse geklingelt hatte.
Doch wenige Sekunden später öffnete sich die Tür und ich komme in einen kleinen Vorraum mit Theke und Garderobe. Eine junge Dame hinter der Theke fragt mich, ob ich ein Mitglied bin. Als ich verneine, fragt sie mich, ob ich eine Einladung habe.
Wie kommt man in einen Cannabis Social Club?
Und damit kommen wir zur Hürde Nummer Zwei: Kontakte. In die allermeisten CSCs wird man gar nicht erst hineingelassen, wenn man kein Mitglied ist oder nicht mindestens ein Mitglied kennt, dass eine Einladung aussprechen kann. Mein Glück ist es, dass ich Helga, die Verantwortliche des Clubs, bereits kennengelernt habe und hier wiedertreffen darf.
Kurze Zeit später kommt sie mich auch schon abholen. Bevor wir in den Club gehen, bekomme ich noch eine Mitgliedschaft und eine Nummer erstellt. Diese Nummer benötigt man, um sein “Konto” aufzuladen. Hierbei werden Euros zu “Credits” umgewandelt, welche dann im Club gegen Getränke und Cannabis eingetauscht werden können. Die Mitgliedschaft ist ebenfalls verpflichtend, doch der Preis gilt für ein Jahr und ist für diesen Zeitraum lachhaft gering.
Man erkennt jetzt schon, dass in einem Cannabis Social Club vollkommen andere Regeln herrschen, als in einem Coffeeshop, den jeder x-beliebige Tourist besuchen kann. Die Credits dienen hier dem Zweck, den Verkaufsaspekt beim Erwerb von Cannabis abzuschwächen: man “kauft” kein Cannabis, man legt kein Geld auf den Tresen des Budtenders, sondern man tauscht die Produkte gegen seine Credits, erklärt mir Helga.
Nun habe ich eine Mitgliedschaft, eine Mitgliedsnummer und einige Credits auf meinem Konto. Und all das konnte ich mir nur besorgen, da ich bereits Kontakt zu Helga im Voraus hatte. Ohne sie zu kennen, wäre ich gar nicht erst durch die Anmeldung gekommen. Im Vergleich zu einem niederländischen Coffeeshop, in den man einfach reingeht, Gras kauft und chillt/rausgeht, ist das schon eine ganze Menge Bürokratie und mag den ein oder anderen abschrecken.
“Und genau das soll es auch.” Helga schmunzelt. “Ein Cannabis Social Club ist nichts für Leute, die einfach nur Weed kaufen wollen. Wenn jemand an der Anmeldung schon mit dem Spruch ankommt ‘Ich will Gras kaufen’ wird er sofort wieder weg geschickt. Man muss sich schon ein bisschen mehr um einen Zugang bemühen.” Etwas verwirrt schaue ich Helga an. Ich dachte in einem Cannabis Club geht es darum, Cannabis zu bekommen und zu konsumieren.
The High Class nur für ausgewählte Mitglieder
“The High Class ist einer von sieben Clubs, die alle unserem Chef gehören. Wie du ja mitbekommen hast, musst du zuerst einmal ein Mitglied kennen oder musst uns direkt anschreiben, wenn du in den Club möchtest. Wenn solche Anfragen reinkommen, checken wir zuerst das Profil des Anwärters. Wir schauen uns bei den Personen ein bisschen auf Instagram, Facebook und Co. um und schauen, wie sie so drauf sind.
Natürlich sind wir in erster Linie unvoreingenommen jedem gegenüber, doch bei manchen Menschen siehst du schon am Profil, dass sie Ärger verursachen könnten oder einfach nicht in den Club passen. Mit der Routine bekommt man ein Gefühl dafür, ob die Vibes mit denen des Clubs zusammen passen. Manche Leute harmonieren eben besser mit einem bestimmten Club als andere.
Wenn also jemand in The High Class anfragt, aber seine Vibes nicht zu diesem Club passen, empfehlen wir ihnen einen unserer anderen Clubs. Wir haben eigentlich für jeden etwas.” Helga scheint mir anzusehen, dass ich den ganzen Sinn dahinter immer noch nicht verstanden habe. “Stell dir einen Cannabis Social Club mehr wie ein Haus oder eine Wohnung vor und wir sind die Bewohner. Würdest du jeden einfach in dein Haus lassen?”
Jetzt dämmert mir, was sie damit meint. Natürlich würde man in seine eigene Wohnung nur Freunde und allerhöchsten Freunde von Freunden einladen. Wenn du mehr der Mensch bist, der zum Dinner genüsslich ein Glas Wein trinkt, hättest du wahrscheinlich auch keine Lust auf die Jungs aus der Kneipe beim Abendessen. Es ist also kein willkürliches oder böswilliges Aussortieren, sondern viel mehr ein Abschätzen, welche Konstellation von Menschen sich untereinander am wohlsten fühlen würde.
“Das ist einer der wichtigsten Punkte, den wir als Cannabis Social Club erreichen wollen. Wir wollen, dass sich unsere Mitglieder vollkommen wohlfühlen. Nur ausgewählte Leute mit den gleichen Vibes. Zudem verzichten wir hier auch darauf, unsere Mitglieder zum Kauf von irgendetwas zu nötigen. Wenn du willst, kannst du hier jeden Tag Stunden verbringen und dabei nicht einen Joint rauchen oder ein Getränk trinken.
Wir bereiten hin und wieder auch kleine Häppchen zu, die sich jeder einfach nehmen kann. Das macht die ganze Atmosphäre deutlich entspannter als in einem Coffeeshop und zeigt den sozialen Aspekt der Clubs: Wir sorgen uns um unsere Mitglieder, während ein Coffeeshop nur einen profitablen Kunden in dir sieht.”
Auswahl in einem Cannabis Social Club
Apropos Kunde: Auch wenn ich es nicht wirklich “kaufe”, möchte ich mir natürlich ein bisschen Cannabis besorgen und die Auswahl begutachten. Das Cannabis wird in einem Kühlschrank in schönen Gläsern mit Schraubverschluss aufbewahrt und eines riecht besser als das andere. Natürlich kann ich mir die Frage nicht verkneifen, woher das Cannabis in den Cannabis Social Clubs kommt.
“Die meisten Clubs bekommen ihre Vorräte von lokalen Growern und teilweise bauen die Mitglieder oder der Club selbst an. In Spanien ist das erlaubt, solange es im geheimen passiert. Das einzige No-Go sind Produkte aus dem Ausland, wie beispielsweise Marokko-Hasch, da es zu 100 % auf illegalem Weg importiert wurde. Aber unsere Auswahl ist auch so groß genug und es kommen ständig neue Strains dazu.”
Bei einer solchen Sortenvielfalt ist es sicherlich nicht leicht den Überblick zu behalten, weshalb ich mich frage, wie die Beratung in einem Cannabis Social Club so abläuft. “Grundsätzlich wird jeder von uns für den Job des Budtenders geschult. Es geht nicht einfach nur darum zu wissen, wie stark eine Blüte ist, sondern um so vieles mehr: den Geschmack, den Geruch, das High und so weiter.“
„Damit wir damit selbst nicht durcheinander kommen, nutzen wir eine ausführliche Excel-Tabelle, in der alle Strains aufgelistet sind. Wenn ein Mitglied dann besondere Ansprüche hat, können wir ihn bestens beraten. Aber meistens hat man die vorhandenen Strains schnell im Kopf und braucht die Liste nicht mehr. „
„Jeder von uns hat so seine Expertise. Die eine kennt sich besten mit Hasch aus, eine andere mit Blüten und ich zum Beispiel kenne mich besten mit Extrakten aus.” Helga deutet hinter sich an den Tresen, an dem mehrere Maschinen aufgebaut sind. Es handelt sich dabei um Rosin-Pressen, für die Herstellung von Cannabisextrakten.
“Wer möchte, kann seine Blüten hier direkt an unserer Pressing-Station zu Extrakt verarbeiten, wobei wir auch gerne unterstützen. Aber wem das zu viel ist, der kann sich auch einfach ein fertiges Extrakt besorgen.”
Der Ruf nach Regulierung
Tatsächlich ist es überhaupt nicht unüblich in Cannabis Social Clubs Extrakte zu finden. In einem normalen Coffeeshop findet man nichts, was eine bestimmte THC-Grenze überschreitet. Ice-O-Lator-Hasch ist da hin und wieder noch die Ausnahme. Doch in Spanien ist es überhaupt kein Problem, wenn ein Cannabis Social Club Extrakte besitzt und an seine Mitglieder weitergibt.
“Hier in Spanien haben wir keine THC-Grenze. Die Polizei weiß, dass wir in diesen Clubs Cannabis haben und ihnen ist es egal, in welcher Form es angeboten wird. Die sind hauptsächlich daran interessiert, ob andere Drogen verkauft oder konsumiert werden. Erst vor ein paar Tagen war die Polizei auch bei uns. Gerade jetzt während der Spannabis gehen sie in alle Clubs und überprüfen, ob sie sich an die Regeln halten.“
„Aber das ist auch gut so. Sie sollen in unseren Club kommen und sie sollen sehen, dass The High Class nichts zu verbergen hat. Denn nur so können wir und die anderen Clubs dazu beitragen, dass wir in Spanien eine komplette Legalisierung oder zumindest eine ordentliche Regulierung bekommen. Denn aktuell befinden wir uns in dieser Grauzone, nach dem Motto „Tu es aber laß es mich nicht sehen“.
„Wir dürfen Cannabis konsumieren, aber nur in den Clubs und privaten Räumlichkeiten. Wir dürfen Cannabis anbauen, aber der Anbau darf nicht ersichtlich sein. Wir dürfen diesen Club betreiben, aber müssen unseren Eingang unkenntlich machen. Das alles könnte noch deutlich besser laufen.” Da stimme ich Helga in jeder Hinsicht zu.
Mr. Haze Amaze’s Fazit zu Cannabis Social Clubs
Zum Schluss möchte ich das Ganze noch mal kurz am Beispiel The High Class zusammenfassen: Wenn man erst einmal ein Mitglied geworden ist, erwarten einen feinste, lokal angebaute Cannabisprodukte in sämtlichen Varianten. Dazu ein exquisiter und exklusiver Club, in dem man seine Zeit verbringen kann und ein geschultes Team an Mitarbeitern, die sich mit Buds, Getränken und kleinen Häppchen um dein Wohlergehen sorgen.
Ich würde sagen, zwischen Coffeeshop und Cannabis Social Club hat sich mein Favorit ganz klar herauskristallisiert. Wenn man also an den richtigen Cannabis Social Club, wie The High Class gerät und dort Mitglied wird, steht einem chilligen Stonerurlaub in Barcelona nichts mehr im Weg.
Wäre das nicht auch ein perfektes Modell für Deutschland? Davon kann man vorerst leider nur träumen.
Der Artikel „Cannabis Social Clubs in Spanien und The High Class“ von Mr. Haze AMaze ist am 7. Mai 2022 erschienen.