Cannabis-Edibles

Was gilt es bei Cannabis-Edibles zu beachten?

Immer mehr Menschen wollen Cannabis genießen, ohne es zu rauchen. So sind nicht nur das Vaporisieren und Cannabis-Liquids für E-Zigaretten gerade groß im Kommen, auch die guten, alten Haschkekse erleben in Form von Cannabis-Edibles eine wahre Renaissance. Doch egal ob edle “Purple Star Gummies” oder klassische Haschkekse, bei der oralen Aufnahme gilt es allein schon aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen ein wenig mehr zu beachten als beim schnöden Kiffen.

1. Cannabis muss vorm Verzehr decarboxyliert werden

Gras, das nur kurz oder unter Luftabschluss gelagert wurde, enthält noch viel THC-Säure (THC-A), die nicht psychoaktiv wirkt. Frisches Gras ist noch gar nicht decarboxyliert und törnt deshalb nicht. Decarboxylierung geschieht durch lange Lagerung oder durch kurzes Erhitzen. Je länger man Gras lagert, umso mehr THC-Säure wird auch ohne Erhitzen in aktives THC umgewandelt. Beim Rauchen oder Vaporisieren ist es im Prinzip egal, wie hoch der Decarboxylierungs-Grad des Weeds ist, denn bei beiden Anwendungsformen werden die notwendigen Temperaturen erreicht.

Hanfblüten oder Pflanzenreste, die später zur oralen Verwendung bestimmt sind, müssen deshalb vorm Backen oder Kochen von Cannabis-Edibles aktiviert werden. Das heißt, die in der frischen Pflanze vorliegende, nicht psychoaktive THC-Säure muss vor der Weiterverarbeitung zu Extrakten mithilfe von Hitze decarboxylieren, um so psychoaktives THC umgewandelt zu werden.

Bei frischem Gras klebt das THC noch in Form THC-A Tröpfchen in und an den Trichomen. Nur Außenhaut dieser Tröpfchen gerät direkt nach der Ernte in Kontakt mit Luft. Deshalb wird THC-A beim herkömmlichen Trocknungsprozess nur sehr langsam in THC umgewandelt. Beim Decarboxycolieren verflüssigt sich das THC-A, tritt aus den Harzdrüsen, und kann sich aufgrund des Luftkontakts der jetzt vielfach größeren Oberfläche schnell in THC umwandeln.

Pflanzen, aus denen Marokkanisches Haschisch gewonnen wird, trocknen übrigens nach der Ernte über Wochen hinweg auf den heißen Blechdächern des Rif-Gebirges. Deshalb ist das THC-A dort bereits vor der Herstellung des Haschischs im Winter in THC umgewandelt.

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, Cannabis zu decarboxylieren:

– die Trocknung an der Luft (zwei bis drei Monate)

– Ein 20-minütiges Erhitzen auf 120-140 Grad, zum Beispiel im Ofen

– Ein Bad in kochendem Wasser. Hierzu benötigt man ein Weckglas für die Pflanzenteile sowie einen Kochtopf. Nach 60 Minuten ist das THC-A umgewandelt.

2. Cannabis ist nicht wasserlöslich

Cannabispatienten erhalten von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) den Tipp, Cannabis zur oralen Anwendung mit heißem Wasser aufzugießen, um den Wirkstoff THC zu extrahieren. Blöd daran ist nur, dass man auf die Art nicht einmal fünf Prozent des THCs gelöst bekommt. Cannabis oder Haschisch müssen beim Backen oder Kochen in Fett oder Alkohol aufgelöst werden, damit sich der Wirkstoff auflöst gleichmäßig verteilt.

Ausnahme: Es gibt zwei Methoden, ein wasserlösliches Cannabisextrakt herzustellen. Am einfachsten funktioniert das mit einer Mischung aus Lecithin und Alkohol, allerdings sind Edibles und Drinks auf Lecithin-Basis nicht mehr transparent, sondern milchig. Zudem emulgiert die Mischung nach einer Weile und muss deshalb immer wieder geschüttelt werden. Gummibärchen, Lollis oder Softdrinks werden aus Gründen der Transparenz mit einem wasserlöslichen Cannabisextrakt auf Glycerinbasis hergestellt.

Cannabis-Edibles
Cannabis-Edibles: Gummibärchen mit THC, kein Problem in Kanada oder USA

3. Beim Essen tritt die Wirkung verzögert auf

Je nach Applikationsform tritt die Wirkung bei Cannabis-Edibles erst nach 40 bis 80 Minuten ein. Der Peak wird nach etwa zwei Stunden erreicht. Beim Konsum von Cannabis-Edibles wird der größte Teil des THCs über den Magen-Darm-Trakt ins Blut aufgenommen. Im Vergleich zur Inhalation hält die Wirkung länger an und klingt langsamer ab. Neuste Studien haben bestätigt, dass dass der gleichzeitige Verzehr von fettigen Speisen den Wirkungseintritt bei THC und auch bei CBD beschleunigt.

4. Bei Cannabis-Edibles ist die Gefahr einer Überdosierung ungleich höher als beim Rauchen oder Vaporisieren

Einen Joint kann man einfach ausmachen, wenn man merkt, dass es zu viel wird. Eine zu hohe Dosierung beim Essen, die bei ungeübten Konsumenten Unwohlsein hin bis zu paranoiden Zuständen auslösen kann, ist irreversibel. Da die Wirkung bei der oralen Aufnahme verzögert eintritt, sollten Unerfahrene mit der Dosierung sehr vorsichtig sein (siehe Tabelle).

5. Just say know

Um eine Überdosierung zu vermeiden, ist es unumgänglich zu wissen, wie viel Wirkstoff das verwendete Cannabis, Hasch oder Extrakt enthält. Dessen Gehalt steht bei legal verkauften Produkten auf dem Etikett. Bei illegalen Extrakten müssen Cannasseure oft schätzen, wie stark das verwendete Material ist. Wer Cannabis-Edibles selbst herstellt, sollte wenigstens den ungefähren THC-Wert des Ausgangsmaterials kennen sowie des mathematischen Dreisatzes mächtig sein.

6. Set und Setting

Cannabis-Edibles sollten nur konsumiert wenn

– man sich physisch oder physisch 100% fit fühlt

– die Umgebung als angenehm empfunden wird

– ein vertrauensvolles und einvernehmliches Verhältnis zu den „Mitreisenden“ besteht

Zudem sollten Ungeübte nie alleine konsumieren und im besten Fall immer eine/n erfahrene/n Reisebegleiter*in dabei haben.

7. Wenn‘s doch mal zu viel wird

– Unerwünschte Nebenwirkungen wie Halluzinationen, Wahnvorstellunge, Angstzustände, Kreislaufprobleme, empfundene Lähmung oder Taubheit von Gliedmaßen bis hin zum Erbrechen können, je nach physischer und körperlicher Konstellation, unterschiedlich stark ausgeprägt auftreten.

– Die letale Dosis liegt laut der US- Drogenkrieger der DEA bei bei gut 700 Kilo Weed, die man innerhalb von 15 Minuten essen müsste. Es kann helfen, sich diese Tatsache vorab nüchtern zu verinnerlichen und sie sich während des unangenehmen Rausches immer wieder ins veränderte Bewusstsein zu rufen.

– Seltsamerweise berichten sehr viele Betroffene von Todesangst. Die Angst zu sterben scheint für eine Cannabis-Überdosierung charakteristisch – passiert ist das allerdings bis heute niemanden.

– Als Außenstehende/r oder „Reisebegleiter*in“ sollte man beruhigend auf die Person einwirken, sie immer wieder darauf hinweisen, dass zu viel Gras nicht tödlich wirkt und der Zustand in ein paar Stunden vorüber ist.

– Oft geht mit der Überdosierung eine Unterzuckerung einher. Bei Symptomen eines niedrigen Blutzuckerspiegels wie Schwäche oder Übelkeit direkt nach dem Konsum von Cannabis-Edibles helfen kohlenhydrathaltige Lebensmittel und Getränke.

Die Einnahme von CBD kann helfen, unerwünschte oder zu heftige, psychoaktive Effekte zu lindern.

Cannabis-Edibles
Cannabis-Edibles: Muffins sind da sehr beliebt

8. Konzentrate eignen sich am besten zur Herstellung von Cannabis-Edibles

Dort, wo Cannabis legal ist, werden zur Herstellung von Cannabis-Edibles fast ausschließlich Konzentrate benutzt. Die meisten werden mit ButanHoneyOil-Konzentraten produziert, einige auch mit Rosin Hash, Extrakten auf Alkohol- Glycerinbasis oder mit hoch potentem Hasch (Kief). Extrakte sind hochkonzentriert und deshalb einfacher zu dosieren als pflanzliches Cannabis. Außerdem müssen keine Pflanzenteile zermahlen oder ausgesiebt werden. Trotzdem sind die meisten Extrakte nicht wasserlöslich und müssen, mit Ausnahme von Konzentraten auf Alkoholbasis, vor der Verarbeitung zu Cannabis-Edibles in Alkohol oder warmen/heißen Fett aufgelöst werden.

9. Cannabis-Edibles richtig dosieren

Grundsätzlich gilt: Neben der Dosis spielen individuelle Toleranz, Körpergewicht, parallel konsumierte Nahrungsmittel, die Applikationsform sowie die verwendete Sorte eine ebenso entscheidende Rolle.

2-3 mg/Portion

Selbst ungeübte User spüren kaum etwas. Es tritt maximal ein leichter Entspannungseffekt ein.

4-5 mg

Wer selten konsumiert, spürt einen leichten, psychoaktiven Effekt, den viele wie ein leichten Schwips empfinden. Gewohnheitsuser spüren nichts.

5-9 mg

Gelegenheitskiffer spüren hier schon was. Das High ist vergleichbar mit dem Konsum eines Durchschnitts-Joints, Gewohnheitsuser spüren kaum was.

10-14 mg

Wer nicht regelmäßig kifft, ist mit 10mg meist bedient. Der trockene Mund, Lachflashs und Heißhunger auf Kohlehydrate sind typische Begleiterscheinungen. Gewohnheitsuser sind noch nicht high, fühlen sich aber ordentlich entspannt.

15-19 mg

Für Ungeübte können 15ng bereits zu viel des Guten bedeuten. Wer selten konsumiert, kann hier schon Panikattacken bekommen oder die Orientierung verlieren. Für regelmäßige Kiffer sind 15 mg genau die passende Dosis mit einer sanft psychoaktiven, entspannenden und beruhigenden Wirkung.

20-25 mg

Wer nicht regelmäßig kifft, gerät hier definitiv an die Grenzen dessen, was gut tut. Auch bei regelmäßige Usern verursacht diese Dosis psychoaktive Effekten. Begleitumstände wie Heißhunger, Lachanfälle und ein trockener Mund gelten als angnehm, aber auch geübte User können hier durchaus leicht paranoid oder extrem sensibel reagieren und dies als unangenehm empfinden.

> 25 mg/ Sonderfall Cannabis-Patienten und Dauerkiffer

Dosierungen über 25 mg THC sind auch für regelmäßige Konsumenten nicht selten zu viel. Paranoia, innerer Unruhe und ausgeprägten Angstzuständen können die Folge sein. Wer 25mg oder gar mehr locker weg gesteckt, sollte sich vielleicht einmal Gedanken über das eigene Konsummuster machen oder ist, vielleicht sogar ohne es selbst zu wissen, Cannabis-Patient.

Cannabis-Patienten leiden meist an chronischen Krankheiten und müssen mehrmals täglich Cannabis einnehmen. Das führt, selbst im Vergleich zu Gewohnheitskiffern, zu einer hohen, persönliche Toleranz – sie werden also trotz viel THC nicht mehr „breit“.

So sind Tagesdosen von 30, 100 oder gar 500 mg THC in der Schmerztherapie keine Seltenheit. Doch ohne eine ärztlich begleiteten Cannabis-Therapie sollten so hohe Dosierungen gar nicht zur Anwendung kommen oder aus Neugierde ausprobiert werden.

Mit Ausnahme meiner eigenen Erfahrungen zum Dosieren von Cannabis-Edibles, die natürlich sehr subjektiv sind, möchte ich hier keine Aussagen zu medizinischen Dosierungen treffen. Deshalb gibt es statt dessen nur mein ganz persönliches Rezept für eben jene Kekse, die mir seit Jahren helfen.

Cannabis-Edibles
Cannabis-Edibles: Haschkekse damit find alles an….

10. Rezept für medizinische Cannabis-Edibles

90 Gramm Mehl

10 Gramm med. Cannabis, decarboxycoliert und fein gemahlen

mischen und dann mit

30 g Zucker, ½ Päckchen Vanillezucker und

40 Gramm weicher Butter zu einem Teig kneten.

Den Teig in zwei ca. 20 cm lange Rollen (Ø 2,5- 3cm) aufteilen und 30 Min. kalt stellen.

Die Teigrollen mithilfe eines Lineals und eines scharfen Messers in 20 gleich dicke Scheiben schneiden, aufs Backblech legen und circa 9-11 Minuten bei 170 Grad auf mittlerer Stufe backen. Nach dem Erkalten mit Puderzucker bestreuen.

Tipp: Wer den intensiven Grasgeschmack nicht mag, kann zum Beispiel ein Päckchen Lebkuchengewürz oder einen Löffel Kakao mit in den Teig rühren. Optional kann das Gras zu diesem Zweck auch vorher in Butter gelöst und durch einen Kaffeefilter in den Teig gegeben werden. Auf diese Weise gelangt der Löwenanteil des Wirkstoffs in die Kekse, ohne dass die Cannabis-Edibles zu „grasig“ schmecken.

Das Blech mit 20 Keksen enthält insgesamt 2000mg THC. Demnach enthält ein Keks 100 mg THC – genau die richtige Dosis für einen Schmerzpatienten mit einer Tagesdosis von 300 mg.

Achtung: Bei diesem Rezept handelt es sich um die Dosis für einen langjährigen Cannabispatienten. Für Gelegensheitskonsumenten und Ungeübte sind 100mg THC definitiv gefährlich. Ein Blick in die Tabelle oben hilft, die individuelle Dosierung zu bestimmen.

Denn die wichtigste Sicherheitsregel zum Konsum von Cannabis-Edibles lautet: Langsam ran tasten – Start low, go slow!

Der Artikel „Cannabis-Edibles“ von Michael Knodt ist am 11. September 2020 erschienen.

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