headcrab1991 – Süchtig und seit 3 Jahren clean

headcrab1991 – Süchtig und seit 3 Jahren clean

5 Fragen an headcrab1991

In der hanfseite.de Interview-Reihe kommen Aktivisten, Befürworter und Gegner der Cannabis-Legalisierung zu Wort. Heute sprechen wir mit headcrab1991, der im Januar 2016 ein großartiges AMA auf reddit gegeben hat. In diesem AMA hat er viele Fragen zu seinen persönlichen Sucht-Erfahrungen beantwortet.

Wer bist Du und was machst Du?

headcrab1991
headcrab1991

headcrab1991: Ich bin headcrab1991 und ich bin süchtig. Drogen und auch Cannabis-abhängig. Ich bin 24 Jahre alt und seit über drei Jahren clean. Mit 15 habe ich das erste Mal gekifft. Was am Anfang noch Spaß war entwickelte sich bei mir schnell zur Gewohnheit und dann zum Zwang.

Während ich auch andere Drogen als Cannabis konsumiert habe und auch Alkohol getrunken habe, war meine schlimmste Zeit, kurz nachdem ich die Schule in der 12ten abgebrochen habe, als ich nur gekifft habe.

Ich hatte von Anfang an keine normale Beziehung zu Drogen, aber selbst als ich über Monate nur noch in meinem Zimmer saß und absolut nichts tat außer zu kiffen und am PC zu sitzen war mir nicht klar das ich ein Drogenproblem habe. Ich versuchte immer wieder aufzuhören, aber mir fiel nie auf, dass ich auch immer nach kürzester Zeit wieder anfing.

Gegen Ende hatte ich echt keinen Bock mehr zu kiffen aber ich konnte es trotzdem nicht lassen. Es ging mir wirklich sehr schlecht und ich hatte schon lange keine Lust mehr zu leben. Ich kam dann mit 19 in eine Entgiftung und lernte dort eine Selbsthilfegruppe kennen.

Ich bin nicht sofort komplett clean geblieben aber von da an ging es aufwärts. Ich hatte nach Jahren der völligen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zum ersten Mal das Gefühl dass mir etwas helfen könnte. Heute studiere ich Kunst und es geht mir, im Vergleich zu damals, fantastisch. Ich kann endlich ein ziemlich normales Leben führen und habe sehr viel Freiheit gewonnen.

Welche Veränderungen hast Du im Laufe der Jahre bemerkt, die Du im Nachhinein gesehen mit dem Cannabis-Konsum in Verbindung bringst?

headcrab1991: Körperlich nur wenig. Lungenfunktion und das Aushusten bräunlicher Flecken wenn ich mal versuchte aufzuhören. Nebeneffekte wie die irgendwann einsetzende Appetitlosigkeit machten sich natürlich durch Gewichtsverlust bemerkbar, genauso wie das Vernachlässigen jeder Selbstfürsorge mir auch nicht gut tat. Ich hab es einfach nicht mehr geschafft zu Ärzten zu gehen, selbst bei starken Zahnschmerzen.

headcrab1991
headcrab1991

Seelisch wurde ich total platt. Das Leben wurde einfach unbeseelt. Als hätte ich eine Karte von der Welt und könnte navigieren, aber keine eigene Position. Mir war alles was hier abgeht völlig egal und ich hatte keine Hoffnung das sich daran irgendwas ändern würde.

Ich kann nicht genau trennen wo bei diesen Dingen genau das Cannabis schuld ist oder einfach meine Sucht. Aber das typische Cannabisdenken, die rekursiven Gedankenschleifen und das Überanalysieren haben meinem Geisteszustand definitiv nicht gut getan.

Ich würde auf jeden Fall sagen das meine über die Jahre schlimmer und regelmäßiger werdenden Panikattacken meinem Konsum zuzuschreiben waren. Sozial ging es so lang ganz gut bis mein Konsum wirklich schlimm wurde. Ich hing davor eh nur mit Leuten ab die regelmäßig gekifft haben, die meisten anderen interessierten mich nicht so sehr. Später konnte ich dann nicht mal mehr mit den Dauerkiffern rumhängen. Ich wurde zunehmend isolierter und konnte gar nicht mehr richtig kommunizieren.

Was war für Dich der Tiefpunkt bzw. Auslöser, an dem Du Dich entschieden hast, Dein Leben zu verändern?

headcrab1991: Als ich das erste Mal in die Selbsthilfegruppe kam und andere Leute über ihre Sucht habe reden hören. Da ging in mir echt was los und ich hatte seit vielen Jahren zum ersten Mal das Gefühl „Ja, das könnte mir eventuell vielleicht helfen“. Und das war schon so viel mehr als alles andere. Ich war aber auch erst bereit in eine Entgiftung zu gehen und mir Hilfe zu holen als es wirklich, wirklich schlecht war.

Cannabis hat einfach nicht mehr gewirkt, unabhängig von der Dosierung. Ich hatte Angst nun auf härtere Drogen umzusteigen und hatte einfach einen starken Schmerz in mir, ein Loch das ich durch Drogen eine Zeit lang notdürftig stopfen konnte. Aber das funktionierte immer weniger. Lange hielt ich das Leben ohne Drogen nicht aus.

Dann irgendwann ging es auch mit Drogen nicht mehr und ich hatte keinen Ausweg mehr. Ohne Übertreibung kann ich sagen dass es sich so langsam um Leben oder Sterben drehte. Sonst hätte ich auch nicht aufgehört.

Welche Tips hast Du für Menschen, denen es ähnlich geht, wie es Dir damals ging?

headcrab1991
Headcrab1991

headcrab1991: Versucht so ehrlich wie ihr könnt euch selber einzuschätzen. Wenn es euch so geht wie mir, glaubt ihr ja gar nicht das ihr ein Problem habt. Ein guter Test ist „einfach mal“ für zwei, drei Monate aufzuhören und zu schauen wie es einem damit geht. Oft merkt man erst in der Nüchternheit dass man ein Problem hat.

Dann ist Hilfe holen gut. Ich habe Lange versucht es alleine zu lösen. Dann musste ich mir irgendwann eingestehen das meine Methoden anscheinend nicht funktionieren!

Ob Therapeut, Drogenberatungstelle oder Selbsthilfegruppe… hauptsache ihr versucht was zu tun als das Problem in eurem Kopf zu lösen. Da passiert nämlich gar nichts. Alles geht vorbei. Auch das grade. Holt euch Hilfe und es wird besser, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Man muss nicht dran glauben damit es funktioniert.

Wie denkst Du – angesichts Deiner persönlichen Erfahrungen – über die Legalisierung von Cannabis?

headcrab1991: Ich habe zwei oder drei BTM-Verfahren hinter mir. Es war meine Schuld, ich kannte ja das Gesetz, aber ich halte Legalisierung trotzdem für sinnvoll. Vor gerade mal zwei Tagen konnte ich sehen wie in einer Wohnung gegenüber von meiner eine spontane Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. Zwei Stunden, 10 Polizisten und ein Hund, drei Wagen. Für 10 Gramm Gras, Marktwert von vielleicht 80€?

Der War on Drugs hat bis jetzt einfach noch keinem geholfen. Das Geld in eine Austrockung des Schwarzmarktes und weitere Unterstützung für Problem-User und Süchtige zu stecken halte ich für viel besser. Cannabis ist nicht ohne und man kann darauf total abschmieren, aber es ist auch nicht böse.

Viele Menschen können damit gut umgehen und die, die es nicht können werden das nicht schneller merken wenn es illegal ist, ganz im Gegenteil. Bei mir hätte es vielleicht dazu geführt das ich mir früher Hilfe geholt hätte. Vielleicht ein, zwei Jahre weniger verloren hätte. Aber am Ende ist es gut das alles so gelaufen ist wie es gelaufen ist.

Vielen Dank für dieses tolle Interview. Wir wünschen Dir von ganzem Herzen alles Gute für die Zukunft!

Wenn Ihr Euch selbst in diesen Beschreibungen wieder findet, dann beherzigt den Rat von headcrab1991: holt Euch Hilfe.

Der Artikel „Süchtig und seit 3 Jahren clean – 5 Fragen an headcrab1991“ ist am 12. Januar 2016 erschienen.

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Foto: Tampe-Media

Angelika Koch

Angelika Koch

Angelika ist eine passionierte Autorin und Expertin auf dem Gebiet des Cannabis-Lifestyles. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der Branche hat sie sich nicht nur ein umfassendes Wissen über den Anbau und die Verwendung von Cannabis angeeignet, sondern auch über die politischen und rechtlichen Aspekte, die damit einhergehen. Ihre Art zu schreiben ist gekennzeichnet durch ihren unverwechselbaren, freundlichen Stil, der sowohl informativ als auch unterhaltsam ist. In ihren Artikeln vermittelt sie nicht nur praktische Tipps zum Anbau von Cannabis, sondern auch spannende Einblicke in die vielfältigen Möglichkeiten, wie man Cannabis in den Alltag integrieren kann.