Tony’s Weed – Teil 2

Tony’s Weed – Teil 2

Tony’s Weed – Teil 2 Kurzgeschichte von Mr. Haze Amaze

Heute geht es weiter mit „Tony’s Weed – Teil 2“ Mr. Haze Amaze’s erster Kurzgeschichte über den alleinerziehenden Vater Tony, der als Cannabispatient auf der Suche nach einer Arbeit ist…

Tony’s Weed – Teil 2 – Der erste Eindruck

“Oh man, oh man so eine …. mmh. Wieso hab ich nur diesen … Wecker nicht gehört.” Er versuchte tunlichst jeglichen Kraftausdruck zu vermeiden, da Mary neben ihm im Auto saß.

“Der erste Tag und ich verschlafe. Dabei hab ich gestern extra noch versprochen pünktlich zu sein. So ein verdammter ….Hrraaarr!” Mary quietschte vergnüglich in ihrem Kindersitz und imitierte ihren Vater, der versuchte die Fassung zu wahren, indem er eine Art Mantra vor sich hin murmelte.

Als sie an der Kindertagesstätte ankamen, befreite er Mary aus ihrem Sitz, holte ihre Umhängetasche aus dem Kofferraum und nahm sie wieder an die Hand. Mary aber wollte keinen Schritt weitergehen. Sie machte ein trauriges Gesicht und streckte ihm ihre Ärmchen entgegen. “Du willst doch nicht, dass dich die anderen Kinder ärgern, wenn du so an deinem Papa hängst.”

Tony's Weed - Teil 2
Tony’s Weed – Teil 2 – Tony und seine Tochter Mary

Sie öffnete und schloss ihre Hände und stampfte dabei auf den Boden. “Hochnehmen, Papa.” murrte sie leise. Tony rollte leicht die Augen, ging in die Hocke und nahm das kleine Mädchen auf den Arm. “Mmh na gut, du kleines Klammeräffchen, aber nur weil heute dein erster Tag in der neuen Kita ist.” Schlagartig hellte sich ihre Stimmung auf und zusammen gingen sie zur Eingangstür.

Dort erwartete die beiden bereits eine Frau mittleren Alters. “Guten Morgen, ist das die kleine Mary?” Tony nickte und setzte Mary vor sich auf dem Boden ab. Schüchtern huschte sie schnell hinter ihren Vater. “Na komm meine Süße, wir werden heute mit den anderen Kindern eine Menge Spaß haben. Du kannst mich Maggy nennen.” Mit einem freundlichen Lächeln reichte Maggy ihr die Hand entgegen, doch Mary versteckte sich noch etwas mehr hinter ihrem Vater und umklammerte sein Bein.

Tony ging in die Hocke und umarmte seine Tochter. “Sei nicht so schüchtern und sag doch mal hallo. Daddy muss jetzt leider dringend auf die Arbeit. Aber wenn ich wiederkomme, dann kauf ich dir ein leckeres Eis. Was hältst du davon?” Marys Augen glitzerten vor Freude, dann drückte sie ihrem Vater einen Kuss auf die Stirn. “Na also, haben wir einen Deal, mein Mäuschen? Gut, dann kommt dich Papa um fünf wieder abholen. Und schön brav sein.” Er blickte sie kurz mit ernster Miene an, dann lächelte er wieder und stand auf.

“Vielen Dank noch mal, Frau Mühlberg. Wenn Sie nicht wären, hätte ich die Kleine wohl mit auf die Arbeit nehmen müssen.” Die Frau winkte ab. “Ach iwo. Für so einen kleinen Engel steh ich auch gerne etwas früher auf. Sie dürfen das Auto gerne hier stehen lassen. Sie arbeiten doch in dem kleinen Kaffee die Straße runter, richtig? Ich kenne Jessica gut, sie ist eine tolle Chefin.” Tony schmunzelte. Dann wandte er sich um, winkte Mary noch ein letztes Mal zu und lief los.

Mit schnellen Schritten ging er die Straße hinunter, wobei er ständig gestresst auf seine Uhr schaute. “So ein Mist, es ist schon sechs und ich hatte nicht einmal Zeit für einen Kaffee und meine Cannabis-Medizin. Aber dann muss es wohl ohne gehen.”

Wenige Minuten später kam er an den großen Glasscheiben des Cafés an. “Okay, du schaffst das. Bleib souverän und behalte ein sicheres Auftreten.” murmelte er vor sich hin. Er bemerkte, wie seine Hände zu zittern begannen und sich in seinem Kopf sämtliche Worst-Case-Szenarien abspielten: Das Vergessen von Bestellungen, seine Tollpatschigkeit, durch die Geschirr oder Interieur Schaden nahmen oder einem Stolpern, durch das der Kaffee im Gesicht und nicht im Mund des Kunden landete.

Tony's Weed - Teil 2
Tony’s Weed – Teil 2 – Tony bekommt den Job im Kaffee

Ein Fehltritt nach dem anderen liefen wie ein Film vor seinem inneren Auge ab und sein Selbstbewusstsein sank in eine bodenlose Tiefe. Sonst war es Penelope gewesen, die ihm all diese Flausen aus dem Kopf geredet hatte. Sich selbst hatte er noch nie in dieser Art beruhigen können. “Ich … ich kann das einfach nicht.”

Gerade als er beinahe den Entschluss gefasst hatte, das Café nicht zu betreten und seine Hände resignierend in seine Jackentaschen steckte, bemerkte er darin etwas Hartes. Er kramte es heraus und hielt ein Plastikbehältnis in der Hand, darin befand sich ein halb aufgerauchter Joint. Er erinnerte sich wieder: Er hatte gestern zur Feier des Tages und nachdem er Mary ins Bett gebracht hatte einen Joint gebaut und zur Hälfte geraucht. Danach hatte er noch eine Cannabis-Doku angeschaut und sich schlafen gelegt, voller Vorfreude auf den kommenden Tag.

Einen Moment lang zögerte Tony: Konnte er sich vielleicht wieder in diese Vorfreude versetzen, wenn er das Gleiche wie gestern tat? Schließlich hatte der Arzt ihm Cannabis gegen seine Depressionen verschrieben, wieso sollte es in diesem Fall also nicht wirken? Einen Versuch wäre es wert, dachte er bei sich.

Vorsichtig öffnete er die Plastikröhre und ließ den Joint herausgleiten. Dann holte er aus seiner anderen Jackentasche ein Feuerzeug hervor, steckte sich den Joint in den Mund und zündete ihn an. Mit einem tiefen Zug inhalierte er eine große Portion Rauch, den er gelassen aus seinen Mundwinkeln wieder entweichen ließ.

Gerade als er einen zweiten Zug nehmen wollte, lief eine junge Frau mit ihrem Kind die Straße entlang. Als sie ihn mit der angezündeten Tüte erblickte, nahm sie ihr Kind schnell an der Hand und beschleunigte ihr Tempo. In dem Moment, als sie direkt neben Tony standen, zog sie das Kind noch etwas näher an sich heran. “Geh weg von dem Mann, das ist gefährlich!”

Tony schluckte und sah leicht beschämt auf den Boden. Er hörte noch, wie sich die klackernden Schritte ihrer Absätze von ihm entfernten. Tony hob seinen Blick und schaute ihr noch einen Moment hinterher. Kaum war sie einige Meter von Tony entfernt ließ sie ihr Kind wieder frei laufen und schaute auf ihr Smartphone. Als sich eine Gruppe johlender und grölender Männer näherte, würdigte sie diese keines Blickes. Die Männer waren noch sichtbar betrunken und schienen von einer langen Partynacht den Weg nach Hause angetreten zu haben.

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Tony’s Weed – Teil 2 – einen Joint vor der Arbeit

Tony schüttelte nur den Kopf und nahm einen weiteren Zug von seinem Joint. Er erinnerte sich noch gut an frühere Zeiten, als auch er mit seinen Freunden volltrunken durch die Straßen gelaufen war. Doch hatten diese Abende meist kein gutes Ende gefunden: Entweder gab es ab einem gewissen Pegel Streit oder jemand war dermaßen betrunken, dass man ihn mit mehreren Leuten nach Hause schleifen musste. Und in 80 Prozent der Fälle gab es immer jemanden, der am Ende oder bereits während der Party über der Kloschüssel hing.

Ein lautes Klopfen holte ihn in die Realität zurück. Es war die junge Frau, die er auch am Tag seiner Vorstellung getroffen hatte. Sie klopfte gegen die Scheibe und deutete auf die große Wanduhr, die hinter ihr hing. Es war bereits viertel nach sechs. Hastig warf Tony den Joint auf den Boden und trat ihn aus. Dann klopfte er seine Kleidung ab und wuschelte sich durch die Haare. So versuchte er zumindest etwas von dem Geruch wieder loszuwerden.

Die Tür zum Café öffnete sich und die junge Frau schaute heraus. “Willst du da draußen Wurzeln schlagen? Die Tür ist die ganze Zeit schon offen. Na los!” Ihr fordernder Ton ließ Tony nicht zweimal überlegen. Er hastete zur Tür und betrat das Café.

Ein würziger Duft von frisch gemahlenen Kaffeebohnen, der harzige Geruch von eingeölten Holzmöbeln und die süßen Aromen von Croissants und Marmelade stiegen ihm in die Nase. Es erfüllte ihn mit einer wohligen Wärme und er hatte sofort das Gefühl sich in dieser Umgebung wohlfühlen zu können.

“Du kannst froh sein, dass Jessica noch nicht da ist und ich keine Petze bin. Ne viertel Stunde zu spät und dann auch noch vor der Haustür kiffen.” Sie schüttelte den Kopf. Dann reichte sie ihm ruckartig die Hand. “Ich bin Sarah, der Typ hinter dem Tresen ist Pascal.” Der junge Mann tauchte plötzlich hinter der Holztheke auf, winkte nur kurz und verschwand sogleich wieder dahinter.

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Tony’s Weed – Teil 2 – ein Blick in Tony’s Growbox…

“Und du gehst dir jetzt besser mal schnell die stinkigen Hände waschen und kommst dann sofort wieder her. Wir haben hier einiges vorzubereiten!” Mit ihrem scharfen Unterton wirkte es fast so, als wäre sie die Chefin des Ladens. Doch Tony wollte nach dem ersten Schlechten wenigstens einen guten zweiten Eindruck vermitteln und folgte ihren Anweisungen.

Es war Punkt sieben Uhr als Jessica das Café betrat und sich alle Angestellten inklusive Tony vor ihr aufreihten. “Geschirr ist sauber, Tische geputzt, Kaffee gemahlen und Frühstücksbuffet gedeckt?” Alle drei nickten eifrig. “Na prächtig, dann dreh ich schon mal das Schild um und ihr geht auf eure Posten.” Jessica drehte sich auf ihrem Absatz herum und ging zur Tür, während Pascal wieder hinter dem Tresen verschwand. Sarah folgte Jessica zur Eingangstür. Tony stand etwas planlos in der Mitte des Cafés herum, denn er wusste noch nicht wirklich wo sein Platz war.

Jessica zog Sarah nah an sich heran. “Wie hat er sich heute Morgen so angestellt?” flüsterte sie leise in ihr Ohr. “Bis auf die Tatsache, dass er vor dem Café nen Joint geraucht hat, ging es erstaunlich gut. Hätte mehr kaputtes Geschirr oder Faulheit erwartet.” Jessica schaute sie ungläubig an. “Vor dem Café?! Na, da werde ich aber noch mal ein paar Takte mit ihm reden.”

Sie drehte sich zu Tony herum und funkelte ihn böse an. “Erst mal direkt eine Ansage: Vorm Café wird nicht gekifft! Das ist nicht gut fürs Geschäft, kapiert? Und was stehst du denn eigentlich immer noch so da rum?” “Ich … mir wurde noch nicht gesagt, was meine Aufgabe ist. Und das mit dem Joint tut mir leid, kommt nicht wieder vor.”

Jessica drehte sich wieder zu Sarah und schaute sie mit hochgezogener Augenbraue an. “Keine Einweisung also? Na ja… Perfekt scheinen wir hier alle nicht zu sein. Wird Zeit, das nachzuholen.” Mit diesen Worten drehte sie das “Geschlossen”-Schild herum und stiefelte in ihr Büro.

Sarah blieb noch einen Moment verdutzt stehen. Dann warf sie Tony einen finsteren Blick zu, der am liebsten im Boden versunken wäre. “Eins sag ich dir gleich, ich kann Petzen nicht ausstehen.” “Du hast ihn doch als Erste verpfiffen, oder etwa nicht?” Pascal lehnte sich mit einem provokanten Grinsen über die hölzerne Theke und nickte Tony wohlwollend zu. “Keine Panik, sie ist am Anfang immer so böse, dabei ist sie eigentlich gar nicht so gemein.”

Sarah lief rot an und drehte sich beleidigt mit dem Gesicht zum Fenster. “Hey hey Griesgram, mit der Visage vertreibst du uns noch alle Kunden.” Sarah wandte ihren Kopf herum und streckte Pascal die Zunge heraus.

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Allmählich füllte sich das Café. Tony war die Aufgabe der Bedienung der Gäste zugewiesen worden. Er ging von Tisch zu Tisch, nahm die Bestellungen auf und gab sie an Pascal weiter. Immer wenn eine Bestellung fertig war, läutete Pascal eine kleine Glocke.

Bislang schlug sich Tony ziemlich gut: Die Kaffeetassen kamen alle heil bei den Gästen an und auch der Kaffee blieb in den Tassen.

“Hey, die Chefin hat gesagt, du darfst 30 Minuten Pause machen.” hörte er Sarah von der Eingangstür her rufen. “Ich übernehme in der Zeit. Raucherbereich ist links neben dem Zimmer der Chefin. Kaffee gibts umsonst.” Tony bedankte sich und ging zum Tresen, an dem Pascal bereits einen köstlich duftenden Kaffee für ihn abgestellt hatte. Tony nahm seine Tasche und schlenderte mit der Tasse in der anderen Hand den Flur in den hinteren Bereich des Cafés entlang und ging durch die besagte Tür nach draußen.

Er befand sich nun in einer kleinen Seitengasse, welche nur zur Straße hin offen war. Dort standen ein kleiner runder Metalltisch und zwei Stühle. Rundherum waren Töpfe mit den unterschiedlichsten Pflanzen und Kräuter aufgestellt, alles war hübsch dekoriert und lud zu einem erholsamen Verweilen ein. Tony setzte sich, stellte den Kaffee auf dem Tisch ab und kramte in seiner Tasche herum. “Irgendwo muss er doch sein…” Schließlich hielt er triumphierend seinen Vaporizer in die Luft. “Da bist du ja, ich wusste doch, dass ich ihn eingesteckt hatte. Zum Glück hab ich ihn gestern noch befüllt.”

Entspannt sank er gegen die Rückenlehne des Stuhls, legte den aufheizenden Vaporizer auf den Tisch und nahm die Kaffeetasse in die Hand. Er schloss für einen Moment die Augen und genoss die Sonnenstrahlen, die zwischen den Dächern der Stadt auf die kleine Ruheoase fielen.

Als sein Vaporizer brummte, öffnete er seine Augen und nahm einige kurze Züge. Die kaum sichtbaren Wölkchen tanzten einen Moment vor seinem Gesicht herum, bis sie schließlich vom Wind verwirbelt und in den Himmel getragen wurden. Hin und wieder trank er einen Schluck Kaffee und spülte ihn in seinem Mund hin und her. Der köstliche Geschmack zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht.

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Tony’s Weed – Teil 2 von Mr. Haze Amaze

Auch wenn er es sich eigentlich nicht eingestehen wollte, das Cannabis hatte sein Leben wieder etwas lebenswerter gemacht. Er achtete viel mehr auf die kleinen Geschenke des Lebens und der Welt. Er konnte selbst nicht genau erklären, wieso es so war. Wenn er high war, genoss er alles einfach ein kleines bisschen mehr. Früher hatte er sich niemals einfach für einen gemütlichen Kaffee in seinen Garten gesetzt und dem Zwitschern der Vögel und dem Summen der Bienen gelauscht. Er war einfach durchgängig im Stress und wenn der Stress nicht von außerhalb kam, hatte er sich selbst welchen gemacht.

Doch nach dem Konsum von Cannabis verspürte er eine innere Ruhe, die seine rasenden Gedankenströme drosselte und in ihm ein unerklärliches Gefühl der Lebensfreude erschuf. Ganz anders als zu den Zeiten, als er noch Alkohol getrunken hatte. Wenn er betrunken war, trübte sich der Blick für sein Umfeld zunehmend mit jedem Glas und jeder Flasche, die er getrunken hatte. Und je mehr er getrunken hatte, desto tiefer fiel er in ein dunkles Loch.

Ein knisterndes Geräusch holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Er drehte sich um und sah noch im Augenwinkel, wie die Jalousie vor Jessicas Büro hin und her schwang. Hätte er raten müssen, würde er sagen, dass Jessica ihn durch einen Spalt beobachten hatte und anschließend die Jalousie wieder herunterfallen lassen hat. Verunsichert schaltete er seinen Vaporizer aus, trank den letzten Schluck aus der Kaffeetasse, räumte alles zusammen und ging wieder hinein.

Drinnen vermutete Tony, dass er gleich auf Jessica treffen würde, die ihm eine Tony’s Weed – Teil 2Ansage für den Konsum im Pausenbereich erteilen würde. Doch ihre Tür blieb verschlossen. Tony ging zurück in den vorderen Bereich des Cafés, während er sich eine schwarze Schürze umband.

Sarah erwartete ihn bereits mit einem skeptischen, fordernden Blick und deutete auf einen Tisch, an dem zwei Frauen saßen, die sich lautstark und lachend unterhielten. Als er das Läuten der Klingel am Tresen vernahm, drehte Tony sich herum und sah, dass Pascal ihn bereits herbeiwinkte. Er hatte ein Tablett mit Croissants, verschiedenen Marmeladen, Butter und zwei Gläsern prickelnden Sekt auf dem Tresen abgestellt und deutete ihm an, dass es für die beiden Damen bestimmt war.

Tony nahm das Tablett und brachte es an den besagten Tisch. Als er dort ankam, beachteten ihn die beiden Frauen gar nicht, sondern unterhielten sich weiter, als wäre er gar nicht anwesend. Er stellte die Bestellung auf dem Tisch ab und wollte sich gerade mit einem Lächeln verabschieden.

“Was stinkt denn hier so? Riechst du das auch?” Beide Frauen begannen wie Hunde auf einer Fährte in der Luft herum zu schnuppern. “Ja doch, es riecht irgendwie verbrannt, nach Kräutern oder so was? Haben Sie es etwa geschafft unsere Croissants zu verbrennen?” Eine der Frauen schaute ihn misstrauisch an. “Hat der Kerl rote Augen? Marlene, ich glaube, der Typ ist bekifft!” Nun schaute auch die andere Frau Tony mit einem vorwurfsvollen Blick an. “Hier arbeitet ein Kiffer im Restaurant?! Das ist ja unerhört! Lassen Sie unsere Sachen hier stehen und gehen Sie uns aus den Augen!”

“Ach, aber ein Sekt zum Frühstück ist okay, oder was?” Tony merkte nur wenige Sekunden später, dass er besser seinen Mund gehalten hätte. Fassungslos schauten ihn beide Frauen an. “Jetzt reicht’s mir aber, ich will ihre Managerin sprechen!” polterte eine der beiden Frauen los, wobei ihr die andere nickend beipflichtete. “Noch nie was von einem Sekt-Frühstück gehört, oder was?”

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Tony’s Weed – Teil 2 – Tony gönnt sich eine Pause…

Tony wusste, dass er besser keine weiteren Anstalten machen sollte, er würde sonst noch seinen Job wegen einem solch sinnlosen Gespräch verlieren. Ohne ihn zu bemerken, war plötzlich Pascal neben ihm aufgetaucht. “Es tut mir sehr leid für diese Unannehmlichkeiten, unser Mitarbeiter hat sich wohl im Ton vergriffen. Ich werde Ihnen noch zwei Gläser Sekt auf Kosten des Hauses bringen. Bitte entschuldigen Sie vielmals.”

Mit diesen Worten packte er Tony am Arm und ging mit ihm zurück zum Tresen. “Pascal, es tut mir wirklich leid, ich weiß auch nicht…” Pascal tätschelte ihn auf die Schulter. “Hey, kein Problem, dein Kommentar war nur mehr als gerechtfertigt. Die Leute verstehen es einfach nicht.” Er grinste Tony wohlwollend an.

“Bist du etwa auch…?” Pascal schüttelte lachend den Kopf. “Nein nein. Ich habe vielleicht früher in meiner Jugend auch mal an einer Tüte gezogen, aber ein Kiffer bin ich nicht. Aber ich kenne das Gefühl ausgegrenzt zu werden trotzdem sehr gut. Es ist zwar nicht vergleichbar mit dem Kiffen, aber dennoch kann ich mir gut vorstellen, wie du dich manchmal fühlen musst.”

Tony sah ihn etwas verwundert an, wollte allerdings auch nicht so unhöflich sein und ihn nach seinem Grund fragen. Pascal allerdings hatte scheinbar mit einer Rückfrage gerechten, da er ihn erwartungsvoll anschaute. “Ich bin schwul.” sagte er lachend, “Dachte, das wäre schon aufgefallen.”

Tony schüttelte den Kopf und stimmte in sein Lachen mit ein, was einen weiteren bösen Blick der beiden Damen nach sich zog, die ihre Lautstärke nun auf ein Flüstern und Tuscheln reduziert hatten.

“Na ja, ich bring dann mal den Sekt zu unseren beiden Diven. Es ist nun mal ein Dienstleistungsgeschäft, der Kunde ist König. Immer an ein freundliches Lächeln denken.”

Langsam näherte sich Tonys Arbeitstag dem Ende zu. Es waren nur noch wenige Gäste im Café, die sich bei gemütlicher Lounge-Musik entspannten und ihren letzten Kaffee tranken. Als es dann nur noch 15 Minuten bis zur Schließung des Cafés waren, verließen auch die Letzten ihre Plätze. Nur ein junger Mann saß noch immer im hintersten Eck des Cafés und blickte auf seinen Laptop, dessen Bildschirm sein Gesicht diffus erhellte.

“Sagst du dem Gast, dass wir gleich schließen?” Sarah stand neben Tony und trug mehrere Tabletts mit leeren Tassen auf ihren Armen. Tony ging auf den jungen Mann zu und beugte sich über den Tisch.


“Es tut mir sehr leid, aber wir schließen gleich.” Etwas erschrocken hob der junge Mann seinen Kopf und schaute ihn mit großen Augen an.

“Wie? Was? Oh, ach so, dann trink ich nur noch schnell aus und werde dann gleich verschwinden.” Hastig leerte er seine Tasse, klappte seinen Laptop zu und holte sein Portemonnaie aus der Tasche. “Wie viel schulde ich Ihnen?”

“Mmh, das waren zwei Tassen Kaffee. Das sind dann 4,20 €, bitte.” Der junge Mann kicherte leise, als er einen Fünf-Euro-Schein aus seiner Börse zog und auf den Tisch legte. “Der Rest ist für Sie, mein Bester.”

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Tony’s Weed – Teil 2 – was man nicht alles so liegen läßt….

Der Mann packte seine Sachen zusammen und verließ das Café mit einem freundlichen Lächeln und einer herzlichen Verabschiedung an alle Bediensteten. Tony sah ihm noch einen Moment hinterher, dann wandte er sich dem Tisch zu, um das Geschirr abzuräumen. Gerade als er sich über den Tisch streckte, sah er, dass der Gast etwas auf der Sitzbank zurückgelassen hatte. Es war eine kleine, schön verzierte Metalldose.

“Der Typ von eben hat hier was vergessen, ich bring es ihm schnell.” rief Tony als er sich schon auf dem Weg zur Tür befand. “Alles klar, du kannst danach auch nach Hause gehen, ich mach dann alles dicht.” hörte er Pascal hinter dem Tresen antworten. Mit einem dankenden Nicken lief er weiter und schnappte sich seine Tasche.

Tony hastete aus der Tür und schaute sich links und rechts um. Er sah noch, wie der junge Mann zwei Straßen weiter gerade nach rechts abbiegen wollte. Plötzlich blieb er stehen und tastete sich von oben bis unten ab. Tony war bereits auf dem Weg zu ihm. “Hallo? Sie haben etwas bei uns liegen lassen.” rief er ihm zu. Der junge Mann drehte sich um und wirkte sichtlich erleichtert, als er Tony mit der Dose wedelnd auf ihn zu laufen sah.

“Oh man, vielen Dank. Das wäre jetzt doof gewesen.” Er nahm die Dose entgegen und öffnete sie einen kleinen Spalt. Ein penetranter Geruch stieg beiden in die Nase und der Mann schaute mit einem zufriedenen Lächeln in die Dose. Dann schloss er sie schnell wieder und schaute Tony an. “Ich gehe mal davon aus, Sie haben wegen dem Geruch auch mal reingeschaut.” Tony schüttelte den Kopf. “Aber jetzt kann ich mir gut vorstellen, was drin ist. Keine Panik, ich bin auch ein Cannabis-Konsument.” Tony lächelte den etwas ungläubig dreinschauenden Mann an, dessen Verwunderung sich langsam in ein glückliches Grinsen wandelte.

“Echt? Cool! Mein Name ist … ähm na ja tut nicht viel zur Sache, aber alle nennen mich Mr. Haze Amaze. Ein Cannabis-Enthusiast mit Haut und Haar. Rauchst du zum Vergnügen oder aus medizinischen Gründen?”

“Ich heiße Tony. Angefangen hat es aus medizinischen Gründen: Depressionen, Schlafstörungen … und um von meinem Alkoholproblem loszukommen.” Tony senkte beschämt den Kopf.

“Das ist doch klasse!” erwiderte Mr. Haze. “Also versteh mich nicht falsch, die Gründe sind natürlich nicht toll, aber es ist wundervoll, dass du dir mit Cannabis da raushelfen kannst. Ich habe auch so das ein oder andere Problem, dass ich mit Cannabis in den Griff bekomme. Aber hauptsächlich mach ich das zum Spaß, es hilft mir super zu entspannen und als Hobby-Schreiber bekommt man durch dieses Kraut auch hin und wieder einen ordentlichen Kreativ-Schub.”

Somit erzählte Mr. Haze ihm von seinen Erfahrungen mit Cannabis, während Tony jedem seiner Worte aufmerksam lauschte. Er wusste nicht wieso, doch er fühlte sich direkt mit diesem Fremden verbunden. Seine Erzählungen klangen teilweise so, als würde Tony mit einem Doppelgänger seiner Selbst reden.

“Nachdem ich also mehr geraucht habe, hab ich auch mit dem Trinken aufgehört. Mittlerweile ekelt mich der Geruch so sehr an. Ganz im Gegenteil zu einem gut fermentierten, glitzernden, aromatisch-duftenden Cannabis-Buds.” schwärmte Mr. Haze.

“Oh man, wie unhöflich von mir. Ich hab ja ein bisschen Gras dabei. Hast du Lust mit mir Einen zu rauchen? Das ist Home-Grown Blue Dream, erste Sahne sag ich dir.”

Tony zückte sein Handy und schaute auf die Uhr. Es war noch etwas Zeit, bis er Mary aus der Tagesstätte holen müsste. Er überlegte kurz einen Moment und konnte dann doch nicht widerstehen. So saßen die beiden kurzerhand am Ufer des kleinen Flusses, der sich ganz in der Nähe des Cafés durch die Stadt schlängelte und rauchten gemeinsam einen Joint, während sie über Gott und die Welt philosophierten. Dankend verabschiedete sich Tony, da es Zeit wurde seine Tochter abzuholen.


“Hier, das schenk ich dir noch, heb ihn dir für einen ganz besonderen Moment auf.” Mr. Haze drückte ihm einen fertig gedrehten Joint in die Hand. Tony bedankte sich ein weiteres Mal und lief los in Richtung Tagesstätte. Dort angekommen steckte er sich einen Kaugummi in den Mund, um den Grasgeruch so gut es ging übertönen zu können.

Mary erwartete ihn bereits als sich die Tür öffnete. Sie hüpfte ihrem Vater entgegen und klammerte sich an seine Beine. Freudestrahlend hob er sie hoch, verabschiedete sich von Frau Mühlberg und ging mit Mary nach draußen.

“EIS EIS EIS!” rief das kleine Mädchen laut. Tony hatte es fast vergessen: Er hatte ja versprochen, mit ihr ein Eis essen zu gehen, sobald er von der Arbeit kam.

“Mmh okay, versprochen ist versprochen.” Mit diesen Worten liefen sie wieder in Richtung Stadt, denn er kannte eine Eisdiele, die noch offen hatte.

Eine halbe Stunde später liefen beide durch den Stadtpark mit einem Eis in der Hand. Marys Gesicht war komplett verschmiert und auch Tony sah nicht viel besser aus. Sie schauten sich an und lachten. “Na komm, wir gehen heute mal die große Runde durch den Park, dann kommen wir direkt zu Hause raus.” Mary nickte zustimmend, dann tippte sie ihn an, lief davon und schrie laut: “Du bist!” Tony stopfte sich seinen letzten Klumpen Eis in den Mund und schob die Waffel gleich hinterher, bevor er spielerisch hinter ihr herrannte.

So verging die Zeit wie im Flug und schon bald waren sie zu Hause angekommen. Als beide bettfertig waren, setzte sich Tony an Marys Bettkante, deckte sie zu und küsste sie zärtlich auf die Stirn.

“Morgen wieder laufen?” Mary schaute ihn voller Vorfreude an. Tony schüttelte den Kopf. “Tut mir leid meine Kleine, aber Papa muss rechtzeitig auf der Arbeit sein und will etwas länger schlafen. Da nehmen wir lieber das …” Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Er hatte das Auto vor der Kita stehen gelassen.

Er schnaufte und schaute etwas wehleidig. “Sieht so aus, als würden wir morgen doch wieder laufen. Und Daddy muss wohl eine Stunde früher aufstehen.”

Der Beitrag „Tony’s Weed – Teil 2 der Kurzgeschichte von Mr. Haze Amaze“ ist am 21. Januar 2022 veröffentlicht worden.

Tony’s Weed – eine Kurzgeschichte von Mr. Haze Amaze – Teil 1 ab dem 11. Januar 2022
Tony’s Weed – eine Kurzgeschichte von Mr. Haze Amaze – Teil 3 ab dem 28. Januar 2022

Bilder: Tampe-Media, Pixabay, Mr. Haze Amaze

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