Drogen Skandal bei der Münchner Polizei
Update 24. September 2020
Ein kleiner Nachtrag zu unserer Meldung gestern über die große Razzia bei der Münchner Polizei:
Wie die Zeitungen in und um München heute melden, ist es bei der Razzia gestern auch zu einem Schuss gekommen, der sich „aus Versehen“ aus der Dienstpistole eines LKA Beamten gelöst haben soll. Verletzt wurde aber wohl niemand.
Geschehen ist das bei der Festnahme eines Tatverdächtigen mitten in der Stadt. Die Kugel blieb im seitlichen Dachholm des Autos stecken, Glück für die Passanten im Umfeld.
Die Zahl der suspendierten bayerischen Poliszisten ist von anfangs 5 auf 13 bis gestern Abend hoch gegangen. Bei der Razzia in mehreren Wohnungen und Dienststellen wurden gestern noch weitere Drogen sichergestellt, was zumindestens dafür spricht, dass diese nicht gewarnt wurden durch Kollegen.
Bei der Deutschen Polizeigewerkschaft befürchtet man, dass das noch nicht alles war und noch weitere Fälle ans Licht kommen werden, die AZ München spricht von einem „Drogensumpf“ im Zusammenhang mit der Münchner Polizei.
„Da hat sich offensichtlich unbemerkt und vor allem unkontrolliert eine kriminelle Gruppe innerhalb der Polizei gebildet und sich gegenseitig gedeckt“, vermutet die Grünen-Politikerin Schulze.
Ermittlungen gegen 21 Polizisten
In einer groß angelegten Aktion wurden heute Morgen in München, Augsburg, Dachau, Ebersberg, Wolfratshausen und an der Polizeischule in Fürstenfeldbruck mit 19 Staatsanwälten, mehr als 100 LKA-Mitarbeitern sowie weiteren 70 Beamten insgesamt 30 Wohnungen und 7 Dienststellen der Münchner Polizei und ihrer Beamten durchsucht!
Das Drogenproblem bei der Münchner Polizei ist offenbar weitaus größer als bisher vermutet. Derzeit wird gegen 21 Polizisten und 17 weitere Beschuldigte ermittelt, wie die Staatsanwaltschaft München I mitteilte. Sie stehen nicht nur im Verdacht, Drogen und illegale Dopingmittel besessen, konsumiert und weitergegeben zu haben, sie sollen auch aus der Asservatenkammer Kokain abgezweigt und Strafverfolgung verhindert haben.
Wie die FAZ berichtet, wird wegen des Verdachtes auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Anti-Dopinggesetz ermittelt. Gegen einzelne Beamte werde auch wegen des Verdachts der Verfolgung Unschuldiger oder Strafvereitelung im Amt ermittelt.
Aus Sicht der Ermittlungsbehörden wiegt vor allem der Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger schwer. Es sollen Anhaltspunkte vorliegen, dass es in einem Fall einen, von den Polizisten behaupteten Widerstand gegen Polizeibeamte gar nicht gegeben hat.
Münchner Polizei steht am Pranger
2018 waren die Ermittlungen gegen die Münchner Polizei erstmals ins Rollen gekommen, nachdem ein Drogenhändler vor Gericht Vorwürfe gegen mehrere Polizisten erhoben hatte. Anfangs richtete der Verdacht sich nur gegen zwei Polizisten, dann erhöhte sich die Zahl auf acht Mitarbeiter der Münchner Polizei, jetzt sind es mehr als doppelt so viele: 21 Polizeibeamte auf neun Dienststellen sowie 17 weitere Personen wie Drogenhändler oder Verkäufer von Dopingmitteln stehen unter Verdacht.
Aktuell sind sechs Polizisten bereits suspendiert worden, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagt, können noch weitere folgen nach dieser Razzia.
Im Juli 2020 wurde die Ermittlungsgruppe „Nightlife“ im LKA eingerichtet, wo alle Ermittlungen zusammen laufen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind wohl inzwischen 20 Mobiltelefone, rund 1,6 Millionen Chatnachrichten und mehr als eine Millionen Bild- und Videodateien sichergestellt worden, die noch gesichtet werden.
Bei den Durchsuchungen am Mittwochmorgen wurden die bayerischen Ermittler von Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen unterstützt.
„Die eingesetzten Beamten haben mehrheitlich erst kurz vor Beginn des Einsatzes von dessen Ziel und den betroffenen Objekten erfahren“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Auf diese Art sollte auch ausgeschlossen werden, dass es Warnungen an Kollegen der Münchner Polizei gibt.
Der Präsident der Münchner Polizei Hubertus Andrä äußerte sich am Mittwoch wie folgt: „Für mich ist das hier im Raum stehende Verhalten der betroffenen Polizeibeamten absolut inakzeptabel und muss, wenn sich die Vorwürfe wirklich bestätigen, mit aller gesetzlichen Härte bestraft werden.“
Das ließ er über seine Pressestelle mitteilen. Er vertraue „auf die unabhängige und neutrale Ermittlungsarbeit des Bayerischen Landeskriminalamts, das zusammen mit der Staatsanwaltschaft München I alles daransetzen wird, den Sachverhalt auf das Genaueste aufzuklären.“
Der Artikel „Drogen Skandal bei der Münchner Polizei“ ist am 23. September 2020 erschienen.