Henghasch – Mord mit Aussicht

Hanfseite präsentiert den Stoner Movie der Woche

Zitat:

„Na gut, ich habe Frau Schmidt im Krankenhaus kennen gelernt, wir haben geplaudert, Sie hat Arthritis. Ich bin Orthopäde, sie hat scheußliche Schmerzen, nichts hilft, Sie fragt mich, was ich Ihr empfehlen würde.“

„Und da empfiehlst du ihr illegales Cannabis und beschaffst es Ihr auch noch?“

„Die meisten Kollegen empfehlen das gelegentlich, ist ein offenes Geheimnis, weißt du doch! Wie sollte die arme Schmidt denn drankommen, wenn ich es ihr nicht beschaffe?“

Intro

Diese Woche verschlägt es uns in doppelter Hinsicht in ungewohnte Gefilde: Erstens geht es mit der Folge „Henghasch“ von Mord mit Aussicht (S02/E04) zum ersten Mal nicht um einen abendfüllenden Film, sondern eine Comedy-Krimi-Serie und zweitens bewegen wir uns auch noch erstmals auf dem Boden deutschen Filmschaffens.

Für manche ist dieser Boden zwar mit dem Stigma einer gewissen Altbackenheit (gibt es das Wort?) belegt, aber ich muss gestehen, dass Mord mit Aussicht für mich persönlich tatsächlich zu den seltenen Perlen des deutschen Bewegtbildmarktes gehört – auch wenn der insgesamt in den letzten Jahren zugegebenermaßen etwas aufgeholt hat.

Ich habe mir jedenfalls alle drei Staffeln von Mord mit Aussicht zu Gemüte geführt und selbstverständlich ist mir die erwähnte Folge „Henghasch“ dabei besonders aufgefallen und im Gedächtnis geblieben.

Der Grund ist einfach: Es wird das Thema Cannabis behandelt und zwar auf eine – größtenteils – charmante und sogar halbwegs informierte Weise. Vor allem in Deutschland ist das natürlich noch immer leider keine Selbstverständlichkeit. Schauen wir also mal, was Mord mit Aussicht aus dem grünen Gold so alles gemacht hat.

Summary

Mord mit Aussicht dreht sich um Kommissarin Sophie Haas, die aus Köln auf eine verschlafene Wache in der Eifel verschlagen wurde. Dort lebt sie zusammen mit ihrem alleinstehenden Vater (Orthopäde, später noch wichtig) und sucht im Kaff Hengasch ständig mehr oder weniger verzweifelt nach etwas polizeilicher Action.

In dieser Folge beginnt eben jene Action mit einem Raser, der einen alten Bauern vom Fahrrad drängt und dann unter Zurücklassen seines Wagens in den Wald flieht, wo er dem liebenswürdigen aber komplett schnarchnasigen Polizisten Dietmar Schaeffer leicht entkommt.

Bei der anschließenden Durchsuchung des „Tatfahrzeuges“ finden Haas und die dritte im Trio der liebenswürdigen Bullen, Bärbel Schmied, etwa zweieinhalb Kilo Gras. Ein dermaßen schmackhafter wie üppiger Anblick ist in Hengasch natürlich selten und sogleich beginnen emsige Ermittlungen.

Zunächst gerät der langhaarige und verpeilte Gärtner Schönfelder in Verdacht, da der Wagen auf ihn zugelassen ist. Schönfelder behauptet aber, der Wagen sei geklaut worden und in seiner Gärtnerei kann nichts Verdächtiges festgestellt werden.

Die Ermittlungen müssen also in allgemeinere Bahnen gelenkt werden und Kommissarin Haas ordnet an, dass Cannabis-Konsumenten in Hengasch gefunden werden sollen, um über diese an den vermeintlichen Dealer zu gelangen. Schon bei dieser Ankündigung wird Bärbel mulmig: Ihre Tante „Ente“ (guter Spitzname, finde ich) nimmt nämlich Cannabis gegen Arthritis, will ihren Versorger aber nicht verraten.

Aus Versehen tut sie es dennoch und so kommt heraus, dass es der Orthopäden-Vater der Kommissarin ist, der die alte Dame aus Freundlichkeit versorgt und sich lediglich in Form von Naturalien – nämlich Kuchen – bezahlen lässt.

Sophie, die als Großstädterin vom Cannabis-Fund weniger beeindruckt ist als ihre Kollegen und in der Zwischenzeit selbst von dem beschlagnahmten Material genascht hat, kommt dem Medikamentenlieferanten ihres herzkranken Vaters auf die Spur. Der freundliche Studenten-Typ hat zwei Pflanzen, wird mit auf die Wache genommen und dort mit den Kilos konfrontiert.

Er verweist zu Recht auf die Tatsache, dass das mit seinen zwei kleinen Pflänzchen nicht die passende Kragenweite ist, gibt mit seinem Fachwissen darüber, was man für so eine Ernte stattdessen benötigen würde, aber den entscheidenden Hinweis: ein großer geschlossener Raum mit künstlichem Licht und Abluft?

Der Verdacht fällt wieder auf den armen Hippie-Gärtner Schönfelder, der auch prompt in flagranti mit einer Pflanze im Arm und seinem Gehilfen (der geflüchtete Fahrer) in seiner Gärtnerei erwischt wird. Der arme Studententyp ist inzwischen freigelassen und gnädigerweise verschont worden.

Der böse kommerzielle Gras-Gärtner wird aber natürlich verhaftet. Die Folge endet mit einer gemütlichen Runde am Kuchentisch, in der Sophie, Bärbel und deren Tante „Ente“ sich neben dem Gebäck eine fette Jolle schmecken lassen und entsprechend ordentlich ablachen, jedenfalls bis die zwei Konsum-Neulinge Sophie und Bärbel sich plötzlich zum Kotzen verabschieden müssen. Nicht sehr realistisch, aber immerhin gibt es so mehr für die arme Arthritis-Tante „Ente“.

Cast and Crew von Mord mit Aussicht

Der durchschnittliche Konsument wird bei Mord mit Aussicht wahrscheinlich vor allem Dietmar Schaeffer gleich erkennen, er wird gespielt von Bjarne Mädel. Wer Mädel nicht kennt hat so einige der schon erwähnten seltenen Perlen im Bereich deutscher Filme und Serien verpasst, vor allem Stromberg, wo er Ernie spielt, Der Tatortreiniger, wo wir ihn als Putz-Teufel „Schotty“ kennen und natürlich – Mord mit Aussicht (ja, ich wiederhole mich, aber ich will euch wirklich dazu bringen, der Serie mal eine Chance zu geben).

Auch wenn Mädel sicherlich das bekannteste Gesicht des Casts ist, wird die Hauptrolle der Serie zurecht von Caroline Peters gespielt. Die meiner Meinung nach ebenfalls ziemlich lustige Peters ist aus diversen deutschen Produktionen (hauptsächlich Fernsehfilme) zwischen 1998 und heute bekannt.

Als kleiner Fun-Fact sei noch anzumerken, dass sie passenderweise nicht nur eine Gastrolle im Großstadtrevier sondern auch zusammen mit Mädel in einer Folge Stromberg (S02E03) spielte. Außerdem spielte sie in einer großen Zahl von Theaterproduktionen, gehört mit zum festen Ensamble des Wiener Burgtheaters und kann auch eine beeindruckende Sammlung von Auszeichnungen wie den Adolf-Grimme-Preis u.s. vorweisen.

Am wenigsten bekannt, aber meiner Meinung nach ebenfalls köstlich, ist die Darstellerin der herzerwärmend netten Polizistin Bärbel Schmied, nämlich Meike Droste. Auch sie ist neben dem Fernsehen viel im Theater unterwegs und zwar sowohl in Deutschland als auch der Schweiz. Für Hörspielliebhaber wie mich ist noch hinzuzufügen, dass sie auch in diesem Metier tätig ist und es entsprechend einige Produktionen mit ihrer Stimme zu hören gibt.

Zuletzt seien noch die Autoren dieser Folge von Mord mit Aussicht zu erwähnen, nämlich Benjamin Hessler (u.a. für 4 Blocks geschrieben) und Florian Oeller (u.a. Tatort-Schreiber). Die beiden haben sich nämlich meinem Eindruck nach die Mühe gemacht, sich halbwegs ins Thema Cannabis einzulesen – so stimmen die Aussagen zur Grow-Technik einigermaßen ebenso wie der „Marktwert“ der beschlagnahmten zweieinhalb Kilo Gras.

Beide sind jüngeren Kalibers und insofern ist ihnen die Cannabis-Kultur vielleicht auch nicht ganz fremd, auf jeden Fall ist ihnen hier ein gewisses Maß an Authentizität gelungen, das ist mehr als man gewohnt ist.

Bewertung anderer

An dieser Stelle möchte ich mich kurz halten: Insgesamt hat Mord mit Aussicht sehr positive Kritiken bekommen, in der Presse wurden zu Recht vor allem Originalität und schauspielerische Leistung gelobt. Bei IMDb kommt sie auf einen Schnitt von 8,1/10, was natürlich sehr gut ist. Interessanterweise liegt unsere Folge mit 9,1/10 sogar noch über dem Serien-Durchschnitt, wozu ich nur sagen kann: Cannabis-Kultur ist eben interessant und sympathisch und viele Leute freut es, wenn das Thema mal aufgegriffen wird.

Fazit

Ich denke mein Fazit wird nicht direkt überraschen: Mord mit Aussicht genießt bei mir aufgrund seines Charmes, der gelungenen Atmosphäre, der originellen Dialoge, der extrem (!) liebenswerten Charaktere und der zum Teil subtilen Gags einen hohen Status, der vielleicht nicht ganz an Stromberg und Tatortreiniger heran kommt, aber auch nicht weit weg ist.

Die Serie eignet sich sehr gut für einen gemütlichen Abend auf dem Sofa mit viel Futter und wenig Sorgen, da sie gute Laune verbreitet. Und all das gilt für die vorgestellte spezielle Folge aufgrund des lockeren Umgangs mit der Cannabis-Thematik in besonderem Maße.

Die Kommissarin, die kifft und ihren Vater, der Cannabis an eine alte Dame verteilt, sowie einen sympathischen Selbstversorger wie selbstverständlich vom Haken lässt, und natürlich die harmlose Tante „Ente“ zeugen von einem überraschend positiven und realistischen Blick auf das Thema. Da die Folge so indirekt auch auf die komplett verfehlte Gesetzgebung aufmerksam macht, verzeihe ich auch das ein oder andere etwas müde Kiffer-Klische, das man zugegebenermaßen auch findet.

Also: Angucken!

Der Beitrag „Henghasch – Mord mit Aussicht“ von Butschi ist am 26. September 2020 erschienen.

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Angelika Koch

Angelika Koch

Angelika ist eine passionierte Autorin und Expertin auf dem Gebiet des Cannabis-Lifestyles. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der Branche hat sie sich nicht nur ein umfassendes Wissen über den Anbau und die Verwendung von Cannabis angeeignet, sondern auch über die politischen und rechtlichen Aspekte, die damit einhergehen. Ihre Art zu schreiben ist gekennzeichnet durch ihren unverwechselbaren, freundlichen Stil, der sowohl informativ als auch unterhaltsam ist. In ihren Artikeln vermittelt sie nicht nur praktische Tipps zum Anbau von Cannabis, sondern auch spannende Einblicke in die vielfältigen Möglichkeiten, wie man Cannabis in den Alltag integrieren kann.